Sonntag, 16. August 2015

Bildung 2.0 - Digitale Bildung in der Grundschule fordert neues Denken

Nur bei wenigen Themen gehen die Meinungen der Teilnehmer eines Elternabends in der Grundschule so sehr auseinander wie bei der Einführung von Tablets in den Unterricht. Während die einen den Untergang des Abendlandes befürchten, weil ihre Kinder zu wenig in den Grundkompetenzen Lesen, Rechnen und Schreiben ausgebildet würden, sieht der andere Teil der Eltern die Einführung als Chance für ihre Kinder in einer immer digitaler werdenden Gesellschaft.

Denn digitale Bildung wird in unserer heutigen, technisch immer ausgereifteren Gesellschaft als eine wichtige Kompetenz betrachtet. Die Kenntnisse über die Bedienung eines Computers und dessen Programme wird in weiterführenden Schulen wie auch im späteren Beruf vorausgesetzt. Wem diese fehlen, wird später im Berufsleben Schwierigkeiten haben. Doch wann und wo sollen die Grundlagen für den Umgang mit digitalen Medien gelegt werden?

Dieses Problem beschreibt Birgit Eickelmann in ihrem Artikel 'Bildungsgerechtigkeit 4.0' [pdf]. Sie spricht an, dass wir „[a]uf dem rasanten Weg in die Wissens- und Informationsgesellschaft […] schon jetzt viele Menschen verloren [haben] – auch darunter viele Jugendliche“. Sie sagt auch, dass diese Menschen „es schwer haben, erfolgreich am privaten, beruflichen sowie gesellschaftlichen Leben des 21. Jahrhunderts teilzuhaben“ (Eickelmann 2015).

Deshalb sollte digitale Bildung frühzeitig anfangen, um so früh wie möglich Grundkompetenzen im Umgang mit Medien zu vermitteln. Um eine flächendeckende (Bildungs-)Gerechtigkeit herzustellen, muss bereits in der Grundschule mit der Ausbildung am Computer begonnen werden. Dieses Konzept fordert daher ein neues Denken an den Grundschulen und bei deren Lehrkräften.

Medien, hier vor allem der Computer, dürfen von den Schulen nicht als Belastung im Unterricht und technische Spielerei betrachtet werden, sondern als neue Chance, und somit müssen digitale Geräte Einzug in den Lehr- und Unterrichtsalltag finden. Dabei sind viele Lehrerinnen und Lehrer selbst nicht sicher im Umgang mit den neuen Geräten und trauen sich daher kaum, diese im Unterricht einzusetzen.

Um die Lehrerschaft auf den neusten Stand der Technik zu bringen, braucht es viel Zeit, persönliches Engagement und Mut zur Veränderung. Diese Einsicht in die Nützlichkeit der digitalen Bildung im Unterricht ist Grundvoraussetzung für den Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler. Viele Schulen können es sich aber schlichtweg nicht leisten, ihre Schülerinnen und Schüler mit Tablets zu versorgen oder Internetanschluss bereitzustellen.

Welche Schritte dennoch bereits unternommen worden sind, wie es an Schulen derzeit im Hinblick auf digitale Bildung aussieht und was der neue Bildungsplan von den Lehrkräften zum Thema Medien fordert, wird im Weiteren näher betrachtet.

Bildung 2.0 als digitale Bildung – was steckt dahinter?

Um das Themenfeld 'Bildung 2.0' oder 'digitale Bildung' verstehen zu können, müssen die Begriffe im ersten Schritt erklärt werden. Durch die immer weiter fortschreitende Digitalisierung wird Wissen greifbarer und damit für jeden orts- und auch zeitunabhängig verfügbar gemacht. Das (Mitmach-)Internet, das Web 2.0, macht dies möglich. Es fordert eine aktive Teilnahme und bietet damit ein enormes Wissensrepertoire auf verschiedenen Kanälen. Hier sind etwa Facebook, Twitter, Online-Magazine, YouTube oder die Enzyklopädie Wikipedia zu nennen.

Um sich in diesem großen Wissenspool zurechtzufinden und damit umgehen zu können, ist Bildung 2.0 notwendig, Bildung auf einer ganz neuen digitalen Ebene, denn „Tablets und Smartphones sind als Zugangsgerät zu Wissen und Kultur, zu Lerngegenständen und gleichzeitig zu Kommunikation und Vernetzung mobil und allzeit bereit, und sie sind ein mächtiges Werkzeug“ (Esken 2015).

Dabei ist Bildung 2.0 als Bildung mit und über die neuen Medien zu definieren. Bildung im Allgemeinen „soll die Persönlichkeit entwickeln und ein erfülltes Leben ermöglichen. Bildung soll gut ausgebildete Fachkräfte für den Arbeitsmarkt bereitstellen und unsere Wirtschaft wettbewerbsfähig halten“ (Bundeszentrale für politische Bildung). Bildung 2.0 als digitale Bildung zielt auf eben diese Entwicklungen ab und passt sich der heutigen medialer werdenden Gesellschaft und dem sich verändernden Arbeitsmarkt an.

Diese Erkenntnisse spiegeln sich auch in der Forderung der Bundestagsabgeordneten Esken nach einer „digitalen Agenda“ für Deutschlands Schulen wider (vgl. Füller 2015). „Der digitalen Bildung kommt die Aufgabe zu, die Menschen mit der Aneignung einer digitalisierten Welt zu einer souveränen Teilhabe an ihr zu ermächtigen“ (Esken 2015). 

Was sagt der Bildungsplan zum Thema?

Die Arbeitsfassung des Bildungsplans 2016 bietet ein kleines Feld mit Kompetenzen zum Thema „Umgang mit digitalen Medien“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden–Württemberg 2014, Sachunterricht, S. 12) im Fach Sachunterricht an. Darin steht, dass die Schülerinnen und Schüler die Benutzung des Computers erlernen sollen, falls einer zur Verfügung steht.

Außerdem soll der Computer als Werkzeug wahrgenommen und über die Vielzahl von medialen Angeboten nachgedacht werden. Dies soll sich immer auf der Ebene der eigenen Erfahrung abspielen und damit die Schülerinnen und Schüler zum Reflektieren über die eigene Mediennutzung anregen. In der nachfolgenden Grafik sind die Denkanstöße und Teilkompetenzen, die der Bildungsplan in der Thematik 'Medien' fordert, noch einmal ersichtlich.
                               Abb.1: Auszug aus dem Bildungsplan - Sachunterricht mit dem Thema „Umgang mit digitalen Medien“.
                               Quelle: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (2014): Arbeitsfassung Bildungsplan 2016. 
                               Grundschule. Sachunterricht, S. 13
Weitere Abschnitte zum Thema 'Medien' sind im Bildungsplan für 'Kunst/Werken' zu finden. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler „[...] unterschiedliche Medien zur Präsentation, Dokumentation und kreativen Produktion kennen [lernen]“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden–Württemberg 2014, Kunst/Werken, S. 11).

In einer weiteren Textstelle gibt der Bildungsplan vor, dass „[d]ie Schülerinnen und Schüler [...] im produktiven Umgang die Vielfalt von Medien [erfahren], [diese] erkunden [...] und deren […] kreative Nutzungsmöglichkeiten [entdecken]“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden–Württemberg 2014, Kunst/Werken, S. 22).

Auch in anderen Fächern, wie zum Beispiel in Deutsch, ist durch Verweise ein fächerübergreifender Medieneinsatz angedacht. Hierbei sind Medien für die Informationsbeschaffung und -entnahme angedacht, sowie für Informationsaufbereitung oder -darbietung. Auch im Fach Musik fließt in einige der zu erreichenden Kompetenzen der Medieneinsatz mit ein.

Mit den Umstellungen und Neuerungen im Bildungsplan 2016 soll der Medieneinsatz verstärkt eingeführt und in den verschiedenen Fächern seine Anwendung finden. Damit wird die Wichtigkeit digitaler Bildung deutlich gemacht und im Alltagsunterricht verankert. 

Forderungen der Politik

Überall, auch aus den Reihen der Politiker, wird mehr digitale Bildung verlangt. Daher forderten Ende März 2015 SPD und Union, die digitale Bildung an Schulen verstärkt auszubauen (vgl. Warnecke 2015). „Nach der parlamentarischen Beratung hat der Bundestag dem Koalitionsantrag am 2. Juli 2015 zugestimmt“, um „die Digitalisierung in die Bildungseinrichtungen hereinzuholen und sie im Dialog mit allen Beteiligten des Bildungssystems aktiv zu gestalten“ (Hihat auf der SPD-Bundestagsfraktion-Webseite 2015).

Ebenfalls soll damit die „digitale Spaltung“ der Gesellschaft verhindert werden (vgl. Hihat 2015). Mit diesem Vorhaben möchte die Politik jedem zu einer Chance auf die Teilhabe in der digitalen Welt verhelfen, denn laut Eickelmann blieben zu viele Jugendliche auf dem Weg zur Digitalisierung unberücksichtigt.

Dieser Entschluss war die Konsequenz, die die Parteien aus dem nur mittelmäßigen Abschneiden der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen bei der International Computer and Information Literacy Study (ICILS) zogen. Demnach genügte das Ergebnis der Studie nicht den Anforderungen des Wirtschaftsstandorts Deutschlands (vgl. Warnecke 2015).

Durch die Erkenntnisse der Defizite, die in der ICIL-Studie herausgefunden wurden, entwickelte das Bundesministerium für Bildung und Forschung folgende computer- und informationsbezogenen Kompetenzen: 
  • „die Fähigkeit, die gefundenen Informationen im Hinblick auf ihre Qualität/Nützlichkeit zu bewerten,
  • die Kompetenz, durch die Nutzung von Technologien Informationen zu verarbeiten und zu erzeugen,
  • die Kompetenz, neue Technologien zur Kommunikation von Informationen zu nutzen,
  • Kompetenzen für einen verantwortungsvollen und reflektierten Umgang mit ICT.“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung)
Mit diesem Rückhalt aus der Politik und der Festlegung entsprechender Kompetenzen sind wichtige Schritte getan, um digitale Bildung in den Schule zu stärken und zu etablieren. 

Wie sieht es an den Grundschulen hinsichtlich digitaler Bildung aus?

Wie der nachfolgenden Grafik und dem weiterführenden Text zu entnehmen ist, muss der Umgang mit Medien gelehrt werden, um eine umfangreiche Medienkompetenz zu erlangen und um sich in der heutigen digitalen Welt zurechtzufinden. Um dieses Vorhaben überhaupt umsetzen zu können, werden eine ausgebaute Infrastruktur an Medien, eine facettenreiche mediale Ausbildung der Lehrkräfte und eine im Lehr- und Bildungsplan festgehaltene Struktur vorausgesetzt (vgl. atene KOM GmbH 2014, S. 12). Nur wenn alle drei Aspekte gegeben sind, kann Unterricht Medienkompetenz vermitteln, sodass die Schülerinnen und Schüler dauerhaft davon profitieren können. 

Abb. 2: Modell zur schulischen Vermittlung von Medienkompetenz. Quelle: atene KOM 2014:
Eigene Darstellung nach IfD, 2013, S. 12 
Was bedeutet das nun genau für Grundschulen und deren Lehrkräfte? Es werden einige Umstellungen in menschlicher wie auch materieller Hinsicht stattfinden müssen, um langfristige Veränderungen zu bewirken.

Um die Grundsubstanz und damit einheitliche Regelungen festzulegen, hat die Kultusministerkonferenz „für die einzelnen Schulformen und Fächer einheitliche Bildungsstandards als Rahmenvorgabe für die Länder“ (atene KOM GmbH 2014, S.19) vorgegeben. Jedoch „erachtet die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Internet und Digitale Gesellschaft“ […] den Umsetzungsstand generell als unzureichend“ (atene KOM GmbH 2014, S.20).

Der Bildungsplan greift das Thema lediglich ansatzweise in einigen Fächern auf, bietet aber keine detailliertere Hilfestellung zur Umsetzung des Themenfeldes an.

Bereits in der Lehrerausbildung muss der Grundstein für eine vielfältige digitale Kompetenz der Lehrperson gelegt werden. Für bereits im Schulalltag angekommene Lehrer müssen möglichst verpflichtende Weiterbildungen angeboten werden, um an das neue Themenfeld 'Digitale Bildung' heranzuführen und um diesen entsprechende Fähigkeiten mit auf den Weg zu geben.

Tatsächlich ist die medienpädagogische Grundkompetenz in den meisten Bundesländern und deren Lehrerausbildungsstätten optional wählbar und nicht verpflichtend in der Studienordnung verankert (vgl. atene KOM GmbH 2014, S.21).

Die technische Ausstattung spielt ebenfalls eine enorme Rolle bei der Durchführung von digitaler Bildung im Unterricht. Ohne die entsprechende Ausstattung mit Computer, Beamer oder Tablet ist es unmöglich, den Schülern den Umgang damit anschaulich und praxisnah beizubringen. Meist fehlt den Schulen nicht nur ein WLAN-Zugang, sondern auch die finanziellen Mittel für eine mediale Grundausstattung.

Für die nachfolgende Grafik wurden 507 Lehrkräfte an allgemeinen Schulen befragt. Gerade im Grundschulbereich reflektiert diese eine eher unzureichende mediale Ausstattung. 

  Abb. 3: Technische Ausstattung an deutschen Schulen (Lehrerbefragung). atene KOM 2014: Eigene
  Darstellung nach IfD, 2013, S. 25 
Die technische Ausstattung an deutschen Schulen lässt generell zu wünschen übrig. Während zwei Drittel aller Gymnasien freien Zugang zu PC-Arbeitsplätzen gewährleisten, sind es in der Grundschule lediglich 12%. Ähnlich schlecht sieht es beim WLAN-Netz im Schulgebäude aus. Lediglich ein Fünftel der Grundschulen sind damit versorgt. Noch schlechter sieht es bei der Nutzung eines „Schulnetzwerks“ aus. Whiteboards, Notebooks oder Tablets werden im Unterricht nur sehr wenig genutzt. Dasselbe gilt für Ausleihmöglichkeiten von digitalen Geräten oder die Nutzung von Lernplattformen.

Auch spiegelt sich die unzureichende Medienausstattung der Schulen, hier speziell an Computern, in der ICILS wieder. Nähere Informationen gibt die Grafik auf Seite 34: http://www.ifs.tu-dortmund.de/cms/Medienpool/Projekte/ICILS-2013/ICILS_2013_Presseinformation.pdf.

Während in Kanada, das mit weitem Abstand die Liste der schulischen Computernutzung anführt, fast drei Viertel aller täglichen Schulstunden mit dem Computer bestritten werden, sind es in Deutschland unter 10%. Dies liegt in erster Linie daran, dass schlicht und einfach keine Computer in den Schulen vorhanden sind, beziehungsweise dass die Lehrerinnen und Lehrer zu wenig fortgebildet sind, was den Einsatz digitaler Medien anbelangt.

Noch schlechter sieht es aus bei der Nutzung des Computers durch Schülerinnen und Schüler im Unterricht (Grafik auf Seite 37: http://www.ifs.tu-dortmund.de/cms/Medienpool/Projekte/ICILS-2013/ICILS_2013_Presseinformation.pdf). Australische und dänische Schülerinnen und Schüler führen die Tabelle an, da sie ein Drittel des täglichen Unterrichts mit dem Computer bestreiten, während die deutschen Schülerinnen und Schüler weit hinter Argentinien, Russland und Kanada auf einem der letzten Plätze landen. Dabei fallen sie unter den internationalen Mittelwert von 5,4% zurück.

Um weiterhin im wirtschaftlichen Wettbewerb eine Spitzenstellung einnehmen zu können, müssen die deutschen Schulen nachziehen und bei der Grundschule ansetzen, damit mündige und technisch versierte Jugendliche in die Arbeitswelt entlassen werden können.

Auch erzählte eine befragte Lehrperson, die Rektorin einer ländlichen Grundschule, von ihrem medialen Schulalltag und ihrem Austausch auf Konferenzen mit Kollegen zu diesem Thema. Dabei berichtete sie, dass es meist nicht an der Anschaffung von PCs liege, sondern an dem langsamen Internet im ländlichen Raum, das ein Arbeiten gerade mit vielen Computeranfängern erschwere. Aus dem Grund habe sich die dortige Grundschule, auch auf Anraten eines Fachmannes, keine Tablets für die Klassen angeschafft.

Gearbeitet werde an den PCs mit Farbdruckern, oft um Recherche im Internet für Referate und Präsentationen zu betreiben. Ebenfalls bereiteten sich die Klassen mit den Rechnern auf Wettbewerbe, wie den Känguru-Wettbewerb, vor. Auch für Lernspiele, Online Programme zu 'Deutsch als Zweitsprache' oder 'Lernen im Netz' kämen sie zum Einsatz. Außerdem seien zwei Laptops für den täglichen Gebrauch in den Klassenzimmern vorhanden.

Schlussfolgernd, meinte die Lehrperson, beherrschten die Grundschüler gerade im ländlichen Raum den Umgang mit PC, Tastatur und Maus noch erschreckend schlecht. Gerade daher müsse das Lehrerkollegium auch ohne verbindliche Vorlage im Lehrplan 2016 noch viel für die Verbesserung des digitalen Wissens der Schülerinnen und Schüler tun, meinte die Rektorin. Beide oben genannten Grafiken sind hiermit durch Beispiele aus der Praxis bestätigt worden. 

Welche Projekte gibt es bereits?

Es gibt eine Vielzahl an Projekten, die die verschiedensten Bereiche in Sachen digitaler Bildung abdecken. Viele Projekte, die speziell mit dem Computer arbeiten, sind übersichtlich auf dem Landesbildungsserver Baden-Württemberg (http://www.schule-bw.de/schularten/grundschule/2gsunterricht/2multimed/) zu finden.

PlanetSchule bietet eine interaktive Lerntour zum Thema 'Marder' an, bei der sich die Schüler die Wissensinhalte selbst beibringen und nebenbei den Umgang mit dem Computer erlernen. Ein anderes Medienprojekt dreht sich um die 'Werbung'. Hier ist die Basis das Schülerwissen zum Thema 'Werbung', das zur Entwicklung eines eigenen Werbespots benötigt wird. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler ihr eigenes Verständnis von Werbung kritisch hinterfragen und einen Einblick in die Tricks und Maschen der Werbebranche gewinnen.

Internetseiten wie 'klicksafe.de' (http://www.klicksafe.de/) oder 'ins netz gehen' (http://www.ins-netz-gehen.de/) bieten ebenfalls genügend Material für die Erarbeitung und Zusammenstellung von Themen und eigenen Projekten. Während klicksafe.de Hilfestellungen für viele Themen der digitalen Bildung bietet, ist 'ins netz gehen' bereits spezifischer auf den Umgang im und mit dem Internet zugeschnitten.

An großen und langfristigen Projekten, wie dem Projekt des Landesmedienzentrums (LMZ), das eine dauerhafte Integration von Medien an Grundschulen bezweckt (https://www.lmz-bw.de/projektueberblick-medienbildung-grundschule.html#c37838), zeigt sich der Aufwand und die Umstellungen, die für eine medial ausgestattete Schule getätigt werden müssen.

12 Pilotschulen mit unterschiedlichen strukturellen Anordnungen oder mit großen Unterschieden in der medialen Ausstattung nahmen daran teil. Die Schulen wurden drei Jahre lang vom LMZ begleitet, das sich wiederum verpflichtete, „die Schule mit pädagogischer und technischer Begleitung zu unterstützen und mit Hardware und ausgewählter Software auszustatten“ (Landesmedienzentrum Baden-Württemberg).

Als Entgegenkommen von Seiten der Schule mussten „die Schulträger […] die Schulen mit einer sogenannten strukturierten Verkabelung [ausstatten] und eine stabile Internetanbindung […] gewährleisten“ (Landesmedienzentrum Baden-Württemberg).

Dabei erreichten sie einen fächerübergreifenden Medieneinsatz und eine weitreichende Medienbildung. Dies führte die Schülerinnen und Schüler schon früh an die technische Wirklichkeit heran und integrierte den Umgang mit Computern ins alltägliche Unterrichtsgeschehen. Dadurch wurde der Computer für die Schülerinnen und Schüler so selbstverständlich wie ein Schulbuch oder Heft.

Die Durchführung des Konzepts lieferte ebenfalls Erkenntnisse über den Bedarf an pädagogisch-didaktischer Unterstützung und technischer Ausstattung. Wenn dieses breit aufgestellte Projekt auf weitere Grundschulen ausgedehnt werden kann, sichert es eine digitale Chancengleichheit für die Schülerschaft, die auch von der Politik gewünscht ist. 

Eigene Unterrichtserfahrungen mit Bildung 2.0

Dass solche Projekte bei den Schülerinnen und Schülern sehr gut ankommen und mit großer Freude und Interesse angenommen werden, konnte ich bei einem eigenen Hörspielprojekt mit Tablets erleben. Die Klasse hörte bei Erklärungen bezüglich des Tablets und der benutzten App aufmerksam zu und nahm die Arbeit an ihrem Hörspiel kreativ und voller Motivation auf.

Während der Aufnahmen übten die Schülerinnen und Schüler einer 4. Klasse neben den motorischen Fähigkeiten und dem Umgang mit der Technik das flüssige Sprechen und Lesen. Außerdem verbesserten sie ihre Kompetenzen, verschiedene zwischenmenschliche Absprachen einzuhalten und Aufgaben zu verteilen, dabei aber gleichzeitig ihre Rolle im Team nicht zu vernachlässigen.

Neben der digitalen Bildung wurden eine Vielzahl von sozialen Fertigkeiten im Umgang mit neuen Medien erlernt. Daher sollte jeder Lehrerin und jedem Lehrer der vielfältige Nutzen von medialen Projekten bewusst sein, und sie sollten dies zum Anlass nehmen, öfter digitale Medien in den Unterricht einzubauen.

Auch sollten solche Projekte von den Grundschulen stärker angenommen und umgesetzt werden, da sie nicht nur für die Schülerschaft einen enormen Mehrwert schaffen, sondern auch den Ansporn für Schulen bieten, schrittweise zur digitalen Schule zu werden.

Die Schulen, die an dem Wettbewerb teilnahmen, der von der 'Initiative DIGITALE BILDUNG NEU DENKEN' ausgelobt wurde, nahmen sich dies zu Herzen und entwickelten mit ihren Schülerinnen und Schülern verschiedene Projekte (siehe: https://www.i-dbnd.de/aktuelles/ideen_bewegen_projekte_mit_vorbildcharakter.html).

In den verschiedensten Fächern, von Ethik über Biologie bis zur Physik, wurden digitale Medien in den Unterricht integriert, und die Schülerinnen und Schüler setzten sich mit der technischen und inhaltlichen Seite der Medien aktiv auseinander. Für ihre hervorragenden Leistungen wurden die Schulen ausgezeichnet, und die beiden ersten Siegerschulen erhielten ein vollständiges, digitales Klassenzimmer.

Diese Wettbewerbsteilnehmer haben verstanden, was Lee Iacocca, ein amerikanischer Automobilmanager, mit seinem Zitat „ Die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes beginnt nicht in der Fabrikhalle oder im Forschungslabor. Sie beginnt im Klassenzimmer“ (Lee Iacocca in Woxikon 2006 - 2015 Eisbär Media GmbH / Christoph Kilz ), meint. Und mit ihrem Gewinn kann sich diese Klasse noch besser auf die Erfordernisse einer digitalen Welt vorbereiten. 

Maßnahmen und Schritte für eine Verbesserung

Die Schritte zu einer Verbesserung sind bereits klar ersichtlich und aus den Voraussetzungen des Vorhabens abzuleiten. Das Grundgerüst aus den technischen Materialien, der medialen Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte, wie auch eine differenzierte Festsetzung der Inhalte in Bildungs- und Lehrplänen muss gegeben sein, um weitere Schritte gehen zu können.

Die drei Hauptaspekte von digitaler Bildung (siehe nachstehende Grafik) bedingen sich gegenseitig, denn nur wenn die Eckpunkte im Lehrplan verankert sind, werden ältere Lehrkräfte bereit sein, Zeit in Weiterbildungen zu investieren und mit Junglehrern zusammenzuarbeiten, die durch Universitäten und Pädagogischen Hochschulen das Know-How über digitale Bildung mit auf den Weg bekommen haben.

Dies führt zu stärkerem Einbau der neuen Medien in die unterschiedlichsten Unterrichtsfächer und somit zu einer Selbstverständlichkeit im Umgang. Erst wenn diese Akzeptanz und das Können bei allen Lehrerinnen und Lehrern vorhanden sind und sie dies ihren Klassen vermitteln, wird man wirklich von Bildung 2.0 reden können.

Dies alles kann nur umgesetzt werden, wenn die Schulen eine zeitgemäße technische Ausstattung besitzen, da erst mit dem Einzug der neuen digitalen Medien in alle Lebensbereichen Bildung 2.0 notwendig wurde.
  Abb. 4: Systematischer Aufbau von digitaler Bildung. Quelle: Eigene Grafik. 
  
Mediale Geräte sollten in die Unterrichtsstunden eines jeglichen Faches integriert werden können. So könnten zum Beispiel Aufnahmen mit dem Tablet im Sportunterricht für eine Nachbesprechung der einzelnen Bewegungsabläufe hilfreich sein. Die Herstellung von eigenen kleinen Hörspiel- oder Filmsequenzen mit dem Smartphone im Englischunterricht oder auch die selbstständige Recherche im Internet während des Geschichtsunterrichts sind möglich.

Die digitalen Medien könnten auch als fächerübergreifendes Werkzeug dienen, zum Beispiel indem Schülerinnen und Schüler mit einer geeigneten App im Musikunterricht ihren eigenen Rap produzieren und diesen für ein Theaterprojekt im Deutschunterricht einsetzen.

Grundfertigkeiten im Umgang mit dem Computer attestiert der Medienführerschein in Bayern (https://www.medienfuehrerschein.bayern.de/3.-und-4.-Jahrgangsstufe.n65.html). Dabei wird auch auf die Gefahren im Netz eingegangen und ein kritisches Hinterfragen angeregt, außerdem wird der Umgang mit dem Web 2.0 und dessen Informationsflut geübt.

Diese Inhalte sollten im alltäglichen Unterrichtsgeschehen betrachtet und den Schülerinnen und Schülern begreiflich gemacht werden. Ein anderes Projekt dient gezielt zur Prävention von Cybermobbing (http://www.tragwerk-lb.de/jugend-und-schulprojekte/cybermobbing). Hier sollen Schülerinnen und Schüler konkrete Beispiele für die Gefahren im Netz kennenlernen und so erkennen, wie sie sich schützen können, beziehungsweise welche weitreichenden Folgen unbedachte Aktionen im Internet nach sich ziehen. Das Ausmaß von Cybermobbing und dessen Folgen sind deutlich am traurigen Fall von Amanda Todd zu sehen.



Die beiden Projekte zum Medienführerschein und gegen Cybermobbing sind nur zwei Beispiele aus dem zunehmenden Angebot an Unterrichtsthemen, die kindgerecht aufgearbeitet auch in der Grundschule behandelt werden können. 
  
Fazit

Woran es in Deutschlands Schulen noch mangelt, ist die Bereitschaft, in digitale Bildung zu investieren. Erst langsam werden Inhalte im Bildungsplan berücksichtigt, sodass Hilfestellungen für die Lehrerinnen und Lehrer bei der Umsetzung des neuen Themenbereichs noch nicht ausreichend vorhanden sind.

Der Bildungsplan 2016 hat zwar im Vergleich zu den vorherigen Bildungsplänen verstärkt neue Medien und digitale Bildung, die vereinzelt in den Schulen Anwendung finden, mit einbezogen. Jedoch können die neuen Inhalte nicht entsprechend umgesetzt werden, weil Weiterbildungen für Lehrkräfte nicht in dem Maße verpflichtend sind, wie sie notwendig wären.

Konkretere Vertiefungsvorschläge oder Hilfestellung zur Umsetzung werden den Lehrerpersonen im Bildungsplan bei einem solch neuen und vielseitigen Thema nicht geboten. Es wäre wichtig, mehr unterrichtstaugliche Materialien zur Verfügung zu stellen, um den Lehrerinnen und Lehrern den Einstieg in Bildung 2.0 zu erleichtern. Davon würden letztlich alle Fächer profitieren.

Jedoch mangelt es bereits bei der Anschaffung der Geräte an finanzieller Unterstützung. Ebenfalls fehlt eine verpflichtende Vertiefung des Themas im Lehramtsstudium. Dadurch hinkt Deutschland in der digitalen Bildung fast allen Ländern hinterher. Und obwohl die Mängel bekannt sind und die Probleme vielseitig diskutiert werden, macht Deutschland keinen digitalen Fortschritt.

Dabei sollte bereits in der Grundschule der Grundstock gelegt werden, um möglichst früh mit einer digitalen Integration anzufangen. Denn selbst im digitalen Zeitalter gilt, 'was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr'.

Um auch in Zukunft als Wirtschaftsstandort Deutschland in der ersten Liga spielen zu können, muss es mehr und besser medial ausgebildete junge Menschen im Berufsleben geben, die sich auch außerhalb des medialen Mainstreams sicher fühlen. Dabei geht es nicht darum, den Computer nur als moderne Schreibmaschine oder das Tablet zum Anwenden der Spotify-App zu benutzen, sondern vor allem darum, die neuen Medien als tägliches Arbeits-Tool selbstverständlich zu machen.

Dabei bedeutet der vermehrte Einsatz von digitalen Medien nicht, dass eine Lehrperson damit überflüssig wird. Denn sie oder ein Expertenteam aus Schülern sind die Impulsgeber für neue Wissensnetzwerke. Sie sind der Steuermann auf der Fahrt der digitalen Bildung, denn „Lernen ist [hierbei] wie Rudern gegen den Strom. Sobald man damit aufhört, treibt man zurück“ (Benjamin Britten in Woxikon 2006 - 2015 Eisbär Media GmbH / Christoph Kilz). 

Literaturverzeichnis 

1 Kommentar:

  1. Endlich mal jemand, der sich nicht ewig lang rechtfertigt, dass neue Medien in die Grundschule gehören, sondern gleich das Problem beim Namen nennt: Nur weil die Lehrer in der Grundschule das entsprechende Know-how nicht haben, soll alles beim Alten bleiben. Gerade Kinder sind aufnahmefähig für alles Neue und Moderne. Hier muss man ansetzen - und das ist jetzt endlich auch in den Köpfen der Politiker angekommen.

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